Sunday, 19th May 2024
19 Mai 2024

War’s das jetzt mit Apple?

Warum der erfolgsverwöhnte Tech-Gigant ein tief greifendes Problem hat

Es war nicht gerade eine Steve-Jobs-Show, als dessen Nachfolger Tim Cook (58) im Apple-Hauptquartier in Cupertino (Kalifornien) der Welt mitteilte, wie er sich die Zukunft seiner Kult-Firma vorstellt. Da half es auch nicht, dass er sich diese Woche Super-Stars wie Regisseur Steven Spielberg (72), Unterhaltungs-Ikone Oprah Winfrey (65) oder die Hollywood-Schauspielerinnen Reese Witherspoon (43) und Jennifer Aniston (50) zur Hilfe geholt hatte.

Dennoch könnte seine Präsentation so historisch sein wie die des Apple-Gründers Steve Jobs († 56), als der am 24. Januar 1984 den Macintosh und am 9. Januar 2007 das iPhone hervorzauberte. Denn US-Experten glauben: Entweder wird dies der rettende Wendepunkt, der das wertvollste Unternehmen der Welt weg von „Gadgets“ und hin zu einem Service-Giganten führt. Oder es ist der Anfang vom Ende von Apples Höhenflug.

Statt ein neues iPhones zu präsentieren, erklärte Tim Cook, dass er in Zukunft Hollywood, Netflix und Banken ans Leder will. Apple will selbst Filme, TV-Shows und Video-Spiele produzieren und sein Geschäft auf Nachrichten oder Video-Streaming verlagern. Sogar eine eigene Kreditkarte soll es geben.

Doch all dies konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass hinter der Flucht nach vorn ein tief greifendes Problem steckt: Wegen der fallenden Verkaufszahlen des iPhones (minus 15 Prozent im letzten Quartal 2018!) braucht Apple dringend einen neuen Verkaufsschlager. Denn das Kult-Handy ist für zwei Drittel des Gesamtumsatzes (266 Milliarden Dollar!) verantwortlich.

„Es ist eine der gewagtesten Wetten in der Geschichte der Firma“, urteilte der Nachrichten-Sender CNN. Die Kosten für die Entwicklung des von Cook vorgestellten Apple TV+ seien gewaltig gewesen.

Konkurrenz hat viel Vorsprung

Vor allem aber gäbe es bereits reichlich etablierte Konkurrenz, die einen großen Vorsprung habe. Netflix, Amazon, HBO Now und natürlich der Riese Disney, der gerade den Hollywood-Produzenten 21st Century Fox geschluckt hat.

„Der Streaming-Markt in den USA ist bereits gesättigt“, sagte auch Colin Gilles, Direktor des Investmentberatungs-Unternehmens Chatham Roads Partner.

Er glaubt: „Apple TV+ ist kein Netflix-Killer.“ Denn Netflix habe bereits 139 Millionen zahlende Abonnenten in 190 Ländern. Amazon Prime hat immerhin 100 Millionen. Abgesehen davon kündigte die HBO-Mutter Time Warner an, in diesem Jahr ebenfalls ins Streaming-Geschafft einzusteigen. 


Die Luft ist also mehr als dünn. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Apple ein weltweites Reservat von 1,4 Milliarden Besitzern von IOS-Geräten hat, die es nun mit einem Service-Paket locken könnte.

Selbst wenn Apple sich ein großes Stück des Streaming-Kuchens schnappen kann, ist es unwahrscheinlich, dass dies die fehlenden Einnahmen durch den Rückgang der iPhone-Verkäufe auffängt. Analysten erwarten für 2019 einen weiteren Umsatz-Einbruch von 25 Milliarden Dollar! Zum Vergleich: Der gesamte Umsatz von Netflix lag im vergangenen Jahr bei „nur“ 15,8 Milliarden Dollar.

Auch bei seiner News-App stößt Apple auf Widerstand. So gaben Zeitungen wie die „New York Times“ oder die „Washington Post“ der Firma einen Korb. Und Netflix und Disney zeigten Apple TV+ die kalte Schulter, da sie mehr Konkurrenz als Möglichkeiten witterten.

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Hardcore-Fans bleiben optimistisch. Sie argumentieren:

▶︎ Apple war immer spät und hat weder den ersten Computer noch das erste Smartphone erfunden. Aber wenn Apple in die Hände spuckt, hat das Unternehmen die Konkurrenz bisher noch immer geschlagen. Bisher.

▶︎ Apple Music hat Spotify in drei Jahren eingeholt.

▶︎ Apple hat eine Cash-Reserve von 257 Milliarden Dollar.

Das „Wall Street Journal“ schrieb dagegen am Mittwoch: „Wall Street betrachtet das Apple-Event als Windei.“

Rod Hall, Analyst der Investment-Bank Goldman Sachs, die Apple bei der Entwicklung seiner Kreditkarte beraten hatte, meinte gar: „Wir erwarten, dass Apple sich schon bald wieder auf das fallende iPhone-Geschäft konzentrieren wird.“

Und die Finanzberatungsfirma The Motley Fool relativierte Tim Cooks Anmerkung, dass Apples Servicegeschäft stetig wachse: „Der Sektor ist zwar 2018 um 24 Prozent auf einen Umsatz von 37,2 Milliarden Dollar gestiegen. Doch mehr als die Hälfte davon sind kein echter Service.“ Das Geld stamme vielmehr aus dem App-Store, wo Apple einen Anteil der App-Verkäufe absahne. Dies laufe nur deshalb, weil es der einzige Weg für iOS-Nutzer sei, Apps zu kaufen …

Die echten Service-Bereiche Apple Music, Apple Pay, iCloud oder AppleCare machten dagegen maximal fünf Milliarden Dollar Umsatz. Peanuts also.

Schließlich ist da noch etwas. Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Harris Poll Reputation Quotient lag Apple in der Image-Rangliste 2016 noch hinter Google auf Platz zwei. 2017 fiel es dann auf Platz fünf, 2018 auf Platz 29 und inzwischen sogar auf Platz 32 ab. Was Steve Jobs dazu wohl sagen würde?


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