Sunday, 19th May 2024
19 Mai 2024

Finanzminister sagen ja zu Reform der Währungsunion

Durchbruch nach 16 Stunden Verhandlung!

Die Finanzminister Europas haben sich nach einer nächtlichen Marathon-Sitzung auf eine Reform der Währungsunion geeinigt. Damit wollen sie den Bankensektor in Zukunft sicherer machen. Die Währungsunion besteht aus den 19 EU-Ländern, die den Euro haben.

„Wir haben einen Deal“, sagte ein Sprecher von Eurogruppen-Chef Mario Centeno am Dienstag in Brüssel. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach davon, dass „große Durchbrüche“ erzielt worden seien. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici dagegen schien weniger begeistert: „Wir haben … keine großen Schritte nach vorne gemacht“. Es gibt nämlich noch einige offene Punkte.

Worum geht es?

Im Kern geht es bei der Einigung darum, die Währungsunion künftig besser gegen Krisen zu schützen. Vor allem der Euro-Rettungsschirm ESM soll deshalb durch die aktuelle Entscheidung der Finanzminister gestärkt werden.

Der Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM) wurde 2012 eingerichtet und löste ein Rettungsprogramm ab, das ursprünglich wegen der Staatsschuldenkrise in Griechenland gegründet wurde.

Die EU-Kommission wollte den ESM eigentlich zu einem europäischen Gegenstück des Internationalen Währungsfonds (IWF) ausbauen. Bislang kann der ESM vor allem pleitebedrohten Staaten mit Krediten im Gegenzug für Spar- und Reformauflagen beispringen. Der IWF hat darüberhinaus zusätzliche Kompetenzen zum Beispiel in der internationalen Überwachung der Geldpolitik und der Stabilisierung von Wechselkursen. Er ist wegen seiner harten Auflagen gefürchtet.

▶︎ Ganz so grundlegend fallen die jetzt geplanten Änderungen der Finanzminister zwar nicht aus. Aber durch eine „vorsorgliche Kreditlinie“ soll der ESM künftig einspringen können, bevor ein Staat in höchster Not steckt.

In der Einigung wird außerdem bekräftigt, dass der ESM zwar hauptsächlich als letztes Mittel eingesetzt werden solle. Kommt ein Land aber doch unter ein Hilfsprogramm, soll der ESM eine stärkere Rolle beim Entwurf und der Überwachung dieser Programme spielen.

Des Weiteren soll der ESM bald eine stärkere Rolle einerseits bei sogenannten Schuldentragfähigkeits-Analysen spielen – also bei der Bewertung, ob Kredite langfristig bedient werden können; und andererseits bei der Abwicklung von Instituten. Da soll er die sogenannte Letztsicherung („backstop“) für den Bankenabwicklungsfonds (SRF) stellen. Heißt konkret: Er soll verhindern, dass Steuerzahler für Bankenpleiten haften müssen.

Was ist mit dem Budget für die Euro-Zone?

Da gab es keine Einigung. Das Euro-Zonen-Budget war die Lieblingsidee des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Deutschland und Frankreich hatten sich auf einen gemeinsamen Geldtopf innerhalb des EU-Haushalts verständigt.

Das Budget soll dazu dienen, wirtschaftliche Unterschiede zwischen den Staaten zu verringern sowie Investitionen und Reformen zu fördern. Die anderen Euro-Finanzministern haben aber ihre Zweifel.

Allerdings: Mitte Dezember sollen die EU-Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfel in Brüssel die Richtung für weitere Reformen der Währungsunion vorgeben. Falls sie dort der Idee eines EU-Budgets zustimmen, müssten 2019 weitere Details ausgearbeitet werden – vor allem die Finanzausstattung.

Wie weiter mit der Bankenunion?

Auch bei der Umsetzung der Bankenunion ging es beim Verhandlungs-Marathon der EU-Finanzminister nur mühsam voran. Langfristig soll es im Rahmen der Bankenunion ein gemeinsames Sicherungssystem für Sparguthaben in Europa geben – eine gemeinsame Aufsicht bei der Europäischen Zentralbank und den Abwicklungsfonds SRF gibt es bereits.

▶︎ Befürworter der Einlagensicherung argumentieren, mit ihr könnten „Bank-Runs“ im Falle einer Krise vermieden werden – sprich, dass Menschen nicht in Panik ihre Guthaben von der Bank holen und die Institute damit in noch größere Schwierigkeiten stürzen.

▶︎ Vor allem in Skandinavien und Deutschland gibt es aber Vorbehalte. Dort wird gefordert, dass zunächst Risiken im Bankensektor stärker gesenkt werden, bevor über eine Vergemeinschaftung der Haftung gesprochen werden könne.

Institute hierzulande fürchten, im Krisenfall für Banken anderer Ländern haften zu müssen. Die Minister verständigten sich darauf, dass eine Arbeitsgruppe das weitere Vorgehen auslotet.

Warum braucht es überhaupt eine Reform?

Die jüngste Finanzkrise traf Europa hart – und unvorbereitet. Trotz der gemeinsamen Währung Euro fehlten gemeinsame Absicherungen. Einige Staaten verloren die Kontrolle über ihre Verschuldung. Banken kamen wegen nicht mehr rückzahlbarer Kredite in Schwierigkeiten, die Volkswirtschaften schrumpften.

Die Arbeitslosigkeit, alle voran die Jugendarbeitslosigkeit, nahm in Griechenland, Spanien und Portugal gravierende Ausmaße an. In den Jahren nach 2010 fielen Entscheidungen europäischer Finanzminister oft über Nacht und in höchster Not.

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