Thursday, 16th May 2024
16 Mai 2024

Wie seriös ist dasberühmte Öko-Siegel?

Die Urwälder der Erde verschwinden immer schneller. Erschreckend: Die anhaltende Entwaldung ist für mehr CO2-Emissionen verantwortlich als alle Autos und Lastwagen zusammen.

Das ARD-Doku-Format „Die Story im Ersten“ enthüllte am Montagabend das miese Geschäft mit dem Tropenholz. Offenbar stecken sogar hinter einem der angesehensten Öko-Siegel der Welt, dem FSC-Siegel, dunkle Machenschaften.

DAS FSC-SIEGEL

► Hintergrund: Vor ziemlich genau 25 Jahren trat der Forest Stewardship Council (FSC) an, um das Umweltsterben aufzuhalten. Schnell hat sich das bekannte FSC-Siegel des Vereins zur Zertifizierung nachhaltiger Forstwirtschaft weltweit zum führenden Öko-Siegel entwickelt. Dem Verbraucher soll es zeigen, dass Möbel, Papier oder Terrassendielen aus „umweltgerechtem Holz“ hergestellt wurden.

Die Bundesregierung unterstützt den FSC. Selbst inszeniert er sich als Vorreiter nachhaltigen Forstens. Generalsekretär Kim Carstensen sagt: „FSC steht für den Erhalt der Wälder – auch für zukünftige Generationen.“

Die Recherchen der Doku-Macher ergaben aber, dass die Holz-Zertifizierung immer wieder Unklarheiten und Lücken enthält. Und: Auch Firmen, die beschuldigt werden, illegal geschlagenes Urwaldholz zu verarbeiten, dürfen das Siegel benutzen.

BEISPIEL PERU

Zur Erklärung: Unternehmen, die vom FSC zertifiziert werden wollen, müssen die Herkunft ihres Holzes belegen können. Problematisch: Immer wieder werden Herkunftspapiere gefälscht, Holz darüber hinaus direkt neben illegal gerodetem gelagert – und vermischt.

Das geht unter anderem aus staatlich geprüften Unterlagen über eine Firma hervor, die vor allem in Peru tätig ist. „Bozovich” soll angeblich 62 von 419 Herkunftspapieren gefälscht haben, dazu auch illegal in Peru gerodet haben.

Luftaufnahmen zeigen ein erschreckendes Bild des Regenwaldes: Diverse fußballfeldgroße Lücken klaffen im satten Grün. Trotzdem wird von dort FSC-zertifiziertes Holz nach Amerika oder Europa verschifft.

FSC-Chef Carstensen wiegelt ab: „Nach unseren Kennnissen trug kein illegales Material unser Siegel. Sollte eine Firma aber in illegalen Holzwandel involviert sein, ist das ein Thema.“

DIE GLAUBWÜRDIGKEIT DES SIEGELS

Experten zweifeln schon länger am FSC. Kritiker Simon Counsell von der Stiftung Regenwald: „Viele Produkte enthalten nur Anteile von FSC-zertifiziertem Holz. Das nennt sich dann ,Mix’ oder beschönigend ‚kontrolliertes Holz’.“

Ein Insider, der früher für FSC Holz zertifiziert hat, packt aus: „Ich wollte einmal einer Firma ein Zertifikat entziehen. Da haben sich der Boss und auch mein Chef riesig aufgeregt. Ich hatte Angst um mein Leben. Man muss wissen: Die Holzfirmen zahlen. Du bist zwar unabhängig, aber dann wieder nicht. Die Firma hat am Ende nicht ihr Zertifikat verloren.“

Angeblich soll es solche Fälle auch heute noch geben. Dazu passt: der FSC zertifiziert zahlreiche Holzunternehmen, die allein mit großen Transportstraßen oder Lagerflächen für riesige gerodete Flächen in den Urwäldern sorgen.

CLINCH MIT DEN URVÖLKERN

Auch Bewohner der Wälder leiden unter der Intervention zahlreicher Firmen. Das Giganten-Roden tötet Tiere, nimmt den Urvölkern ihre Lebensmittel. Die ARD-Dokumentation zeigt gleich mehrere Fälle von Konflikten zwischen den Bewohnern und Holz-Imperien.

Beispiel Brasilien. Hier soll die Firma „Veracel” in ein Gebiet der Ur-Einwohner eingedrungen sein und den Wald gerodet haben. Anschließend habe man zahlreiche neue Eukalyptus-Plantagen gepflanzt. Eukalyptus wächst schneller und kann wiederum rascher gerodet werden. Er schadet allerdings dem Boden und der Umwelt.

Experte Prof. Matthew Hansen von der Universität Maryland: „Solche Monokulturen und nachhaltiger Waldschutz – das ist ja ein Widerspruch in sich. Das wird erst recht bizarr, wenn man bedenkt, dass der FSC ursprünglich gegründet wurde, um so etwas zu bekämpfen.“

Tatsächlich haben erste Vereinigungen bereits Konsequenzen aus der Kritik gezogen. Greenpeace steigt nach etwa 25 Jahren Engagement aus dem FSC aus. Experte Counsell: „Die Konsumenten sind vom FSC betrogen worden. Wenn wir Produkte mit diesem Label haben, sollten wir ein gutes Gewissen haben!“

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