Saturday, 4th May 2024
4 Mai 2024

Wer ist die Russen-Millionärin aus dem Todesflieger?

Die Airline-Chefin kritisierte die Korruption in Putins Russland

Todescrash mit einem Kleinflugzeug!

Am Sonntagnachmittag um 15.30 Uhr stürzte die Maschine Epic1000 über einem Spargelfeld kurz vor dem Flugplatz Egelsbach ab, brannte vollständig aus. Drei Menschen kamen ums Leben – unter ihnen auch die Mitinhaberin der russischen Airline S7, Natalia Filjowa (55) – eine der reichsten Frauen Russlands.

Flugzeugteile flogen bis zu zwanzig Meter weit. Die Absturzstelle wurde weiträumig abgesperrt. Grund für den Crash: unklar.

Wer ist die Airline-Millionärin Natalia Filjowa?

In Deutschland kannte Natalia Filjowa kaum jemand. In Russland dagegen war sie ein heimlicher Star. Ihre Airline S7 – eine der bekanntesten in Osteuropa, die auch deutsche Flughäfen mit Russland verbindet. Sie selbst: öffentlichkeitsscheu, selbst bei Google kaum zu finden.

Doch in der russischen Unternehmerwelt fiel sie auf – auch weil sie anders war. Natalja Filjowa war der Gegenentwurf zu typisch russischen Emporkömmlingen, „Apparatschiks“ und despotischen Oligarchen, die in den Wirren der Übergangszeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu unvorstellbaren Vermögen gekommen sind.

Dabei war auch die Geschichte ihres Aufstiegs eine typische Post-Sowjet-Karriere.

Filjowa hat die Nowosibirsker Elektromechanik-Hochschule als „Radiomechanik-Ingenieur“ und die „Nowosibirsker Hochschule für Volkswirtschaft“ absolviert. Ihr Fachgebiet dort: „Organisation der Produktionssteuerung“. Das gelernte Wissen konnte sie einsetzen, als sie Vorstandsvorsitzende der „Firmengruppe S7“ wurde – eines der größten Luftfahrtunternehmen in Russland.

Absturz-Drama in Hessen

Am 31. März 2019 stürzt ein Kleinflugzeug vom Typ Epic E1000 in ein Spargelfeld

Gemeinsam mit ihrem Mann Wladislaw Filjow (56) war sie auch Eigentümerin des Konzerns. 2016 übernahm sie von ihm die operative Führung der Gruppe, weil dieser sich auf die Tochterunternehmen konzentrieren wollte.

Ihr Gatte war der Schlüssel auch für ihren Aufstieg: Er brachte es vom einfachen Militär-Ingenieur auf sehr ungewöhnliche Weise zu einem der erfolgreichsten Unternehmer im Lande.

• Es begann mit der Privatisierung der Nowosibirkser Niederlassung der staatlichen Fluggesellschaft Aeroflot, die zur Fluggesellschaft „Sibir“ wurde. Filjow leitete das Unternehmen als Vorstandsvorsitzender und erwarb 1998 eine Kontrollmehrheit. Unter seiner Ägide wurde „Sibir“ in „S7“ umbenannt und zu einer der modernsten Fluggesellschaften in Osteuropa.

Die Eheleute machten S7 zu einem Familienunternehmen – auch Tochter Tatjana ist in der Leitung. Sie machte mit kreativen Werbespots von sich reden, die es bis zum Werbefestival in Cannes schafften.

  • Millionärin stirbt bei Flugzeugabsturz

    Der Unglücksflugplatz von Egelsbach

    Es ist eine Bilanz des Schreckens: Rund um den Flugplatz Egelsbach kamen in den vergangenen zehn Jahren 13 Menschen ums Leben.

  • Epic E1000

    Die Route des Todesfliegers

    Um 12.01 Uhr startet das Privatflugzeug Epic E1000 am Cannes-Mandelieu Airport (Frankreich).

Ihr Vermögen: rund 600 Mio. Dollar

2006 tauchte Natalja Filjowa in der Liste der „erfolgreichsten Frauen Russlands“ des Journals „Finans“ mit einem geschätzten Dollar-Vermögen von 155 Millionen Dollar auf.

2018 war sie in der Liste der reichsten Frauen Russlands von „Forbes“ mit einem Vermögen von 600 Millionen Dollar geführt. Die energische Frau erlaubte sich für russische Verhältnisse durchaus kritische Töne.

So beim Investmentforum in Sotschi bei der Tagung „Frauenführung ist die Energie der Zukunft“. Sie forderte, Beamte nicht mehr zu Investitionsforen einzuladen: „Sie machen keine Geschäfte, sie sind keine echten Menschen. Sie sprechen vom Kampf gegen Korruption, und ich frage mich, woher sie das Geld für Anzüge und Stiefel bekommen haben. Jeder Anzug ist mindestens 1000 Dollar wert. Sie kleiden sich wunderschön, veranstalten irgendwelche Reibereien untereinander. Wir Unternehmerinnen haben keine Reibereien mit Männern.“

Natalja Filjowa hatte einst selbst wesentlichen Anteil am Aufstieg ihres Mannes. Sie arbeitete zunächst bei der Garantbank im sibirischen Nowosibirsk. Dann wechselte sie zu einer Investmentgesellschaft. Und sie startete mit ihrem Gatten Geschäfte mit Schuldverschreibungen, Wechseln und anderen Finanzpapieren, erinnert sich ein Freund der Familie nun gegenüber der Zeitung „Wedomosti“.

Ihr Geschäftsmodell: Sie kauften Schuldverschreibungen von Stadt und Region auf und warteten auf den Moment, in dem große örtliche Unternehmen Steuern zahlen mussten. Da diese kein Geld für den Fiskus hatten, gingen sie auf das Angebot der Filjows ein: Diese bezahlten die Steuerschulden und erhielten dafür Produkte dieser Firmen.

Eine dieser typisch postsowjetischen Tauschaktionen führte das Paar in die Luftfahrt: Das staatliche Flugunternehmen Sibir hatte eines seiner Flugzeuge zur Reparatur geschickt. Das Werk vor Ort erledigte die Arbeit, aber Sibir war nicht zahlungsfähig. Die Filjows übernahmen die Rechnung von 3 Millionen Rubeln und retteten so das Flugzeug.

Auch die regionale Politik-Führung war mit der Airline unzufrieden: Lohn- und Steuerschulden hatten sich gehäuft. Aber die Airline war für die entlegene Region lebenswichtig. Also bot man den Eheleuten an, bei Sibir einzusteigen. 26 Prozent sollten sie übernehmen – die wollte die Regionalverwaltung später zurückkaufen.

Das Ehepaar lieh sich bei einem befreundeten Unternehmer 20 Millionen Dollar – und stieg ein. „Eine schrecklich hohe Summe damals“, erinnert sich ein Familien-Freund gegenüber der Zeitung „Wedomosti“. 1998 dann die Übernahme: Das Ehepaar schließt seine Finanzgesellschaft und steigen voll bei Sibir ein, kaufen über Jahre Flugzeuge von fünf weiteren bankrotten Regionalgesellschaften auf.

By:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert