Sunday, 19th May 2024
19 Mai 2024

Warum ist dieser Immo-Konzern so verhasst?

Sie ist zum Symbol für steigende Mieten und zum Hass-Objekt für viele Aktivisten geworden: die Immobilienfirma Deutsche Wohnen (DW).

Am Dienstag lädt der Konzern zur Hauptversammlung nach Frankfurt. Vor dem Versammlungsort forderten rund zwei Duzend Kritiker, den Konzern zu enteignen.

Gegenwind dürfte Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn aber auch von den Aktionären bekommen. Denn die Deutsche Wohnen SE ist gerade eine der umstrittensten Immo-Firmen in Deutschland, und nach der Diskussion um einen Mietendeckel in Berlin rauschte die Aktie um mehr als 15 Prozent auf 35,73 Euro ab. Zuletzt erholte sie sich wieder ein wenig.

In der Hauptstadt befinden sich die meisten Wohnungen der DW: Etwa 110.000. Damit ist DW der größte private Vermieter Berlins

Finanzvorstand: Forderungen sind „mediales Getöse“

Der Finanzvorstand von Deutsche Wohnen hat die Forderung nach Enteignung von Immobilienkonzernen in Berlin als „mediales Getöse“ bezeichnet.

„In dieser Form wird sie ohnehin nicht kommen“, sagte Finanzchef Philip Grosse am Dienstag auf der Hauptversammlung in Frankfurt mit Blick auf eine Bürgerinitiative.

▶︎ Er verwies darauf, dass Deutsche Wohnen die Bestandsmieten 2018 nur um 1,4 Prozent erhöht habe. Dies sei weniger als die Inflationsrate in Deutschland. Der Großteil der Mietsteigerungen von mehr als drei Prozent komme aus Neuverträgen.

DW-Boss: „Mit der gesellschaftlichen Akzeptanz unseres Unternehmens ist es schlecht bestellt“

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Der Chef von Deutsche Wohnen Michael Zahn hat auf der Hauptversammlung des Konzerns den Vorwurf überhöhter Mieten zurückgewiesen.

Er sagte, die Debatte um die Vergesellschaftung werde nicht von der Breite der Gesellschaft getragen. Das Unternehmen vermiete auch keine Luxuswohnungen. „Wir fokussieren uns auf die mittlere Schicht, wir bieten Wohnungen in mittlerer Qualität an, die bezahlbar sind.“

Er habe Verständnis für Sorgen von Menschen, die sich die Marktmieten nicht leisten könnten. Die Debatte dürfe aber nicht auf diese Haushalte verengt werden. Auch Menschen mit höheren Einkommen fänden nur schwer Wohnungen in Berlin.

Deutsche Wohnen werde nächstes Jahr mit dem Bau von 2500 Mietwohnungen in Berlin, Potsdam und Dresden beginnen. Das sei nur ein Anfang. Wichtig seien stabile Bedingungen der Politik für Investitionen, dort herrsche aber viel Populismus. Zudem setze das Unternehmen in Zukunft auf das Geschäft mit Pflegeheimen. In diesem Bereich ist DW der zweitgrößte deutsche Anbieter.

„Mit der gesellschaftlichen Akzeptanz unseres Unternehmens ist es schlecht bestellt“, gestand Zahn ein. Er hielt den Kritikern entgegen, Deutsche Wohnen sei ein langfristiger Investor und kein Spekulant. Der Konzern habe die Ausgaben für Sanierungen deutlich gesteigert und schütte weniger Dividende an die Aktionäre aus als Konkurrenten.

„Wir sind die Geister, die ihr rieft“

Vor dem Versammlungsort forderten Kritiker die Enteignung des Konzerns.

Demonstranten in Gespensterkostümen hielten Plakate mit Aussagen wie „Wir sind die Geister, die ihr rieft“ oder „Quälgeister aller Wohnungskonzerne vereinigt euch“ in die Höhe und skandierten Slogans wie „Deutsche Wohnen enteignen“ und „Keine Rendite mit der Miete“.

Die Linke hatte vor dem Kongresszentrum eine aufblasbare Miethai-Figur aufgestellt. Demonstranten von Attac kritisierten, immer weniger Menschen könnten sich Wohnungen in Großstädten leisten, während Immobilienkonzerne satte Gewinne erzielten.

Gegner halten Rede bei der Hauptversammlung

Es ist nicht bei Protesten vor dem Eingang der Veranstaltung geblieben: Schon zuvor wurde die Rede einer Aktivistin angekündigt.

Der Sozialarbeiterin Susanna Raab von der Initiative „Deutsche Wohnen & CO enteignen“ wurden laut ZDF.de fünf Minuten Redezeit im Kongresshaus der Messe Frankfurt gestattet. Der Sender sagte, sie wolle die Redezeit nutzen, um auf die Mieterhöhungen und den miserablen Zustand der DW-Wohnungen aufmerksam zu machen. Die Stellungnahme sei durch eine Übertragung der Eintrittskarten von Aktionären an den Dachverband Kritische Aktionäre möglich gemacht worden. Dieser habe die damit verbundenen Rede- und Stimmrechte an Aktivisten weitergegeben.

Raab kritisierte, man könne nicht von Wohnungen mit mittlerem Standard reden. „Wir sprechen von verschimmelten Wänden, nicht funktionierende Heizungen.“ Die Initiative werde nicht nachlassen. „Wir sind ihr Investitionsrisiko, wir habe gerade angefangen.“

Ermittlungen laufen

Der DW gehören nach eigenen Angaben mehr als 160 000 Wohnungen, viele davon in Berlin. Ihren Sitz hat das börsennotierte Unternehmen in Berlin, wo es zuletzt auch besonders in die Schlagzeilen geriet. Laut der Berliner Generalstaatsanwaltschaft laufen Ermittlungen gegen die Chefs einer Tochterfirma des Immobilienkonzerns.

▶︎ Im Raum steht die Frage, ob die DW im Deal um Häuser an der berühmten Karl-Marx-Allee die Mieter übers Ohr gehauen hat. Im Oktober 2018 hatte die Nebenstelle der DW für ihren Mutterkonzern dort drei Wohnblöcke für mehr als 200 Millionen Euro gekauft.

  • Weil Berlin Mietendeckel plant

    Eigentümer-Verband empfiehlt schnelle Mieterhöhung

    „Erhöhen Sie unbedingt bis zum 17. Juni die Miete!“, fordert der Verein „Haus & Grund“ in Berlin auf seiner Website.

Die rund 680 Mieter wurden einen Monat später offiziell von ihrem gesetzlichen Vorkaufsrecht informiert. Der Vorwurf: Die DWRE Alpha habe für Wohnungen in denen Altmieter lebten, deutlich höhere Kaufpreise vereinbart als für leerstehende Wohnungen.

Schon im Februar gab es einen ähnlichen Fall vor dem Landgericht Berlin. Der Vorwurf da: Während die DW für leere Wohnungen nur 3 500 Euro pro Quadratmeter bezahlt hätte, hätte sie Mietern die Wohnungen für 4 500 Euro angeboten. Die DW stritt das ab.

Aktivisten wollen Volksbegehren

Solche Meldungen dürften ein Grund dafür sein, warum Aktivisten den Konzern zunehmend im Visier haben. Sie sehen große Immobilienfirmen als Preistreiber bei den Mietpreisen. Anfang April demonstrierten Zehntausende in Berlin gegen hohe Mieten und Wohnungsmangel.

▶︎ Organisiert wurde der Protest von einem Bündnis, das auch das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ gestartet hat. Die Forderung: Private Wohnungsgesellschaften wie die Deutsche Wohnen, die mehr als 3000 Wohnungen halten, „sollen nach Artikel 15 Grundgesetz enteignet und ihre Bestände in Gemeineigentum überführt werden“.

Deutsche-Wohnen-Chef Zahn traf sich daraufhin mit Vertretern des Bündnisses. Wirklich was herumgekommen ist dabei aber nicht. Der Konzern-Chef sieht die Schuld für die Wohnungsnot in Berlin bei der Politik. Schon vor der Veranstaltung hatte er das schlechte Neubauklima in der Hauptstadt beklagt: „Leider scheitern Projekte zu oft an Einzelinteressen und daran, dass Prozesse bewusst verzögert werden.“

Die Aktivisten haben das nicht auf sich sitzen lassen und inzwischen der Berliner Senatsverwaltung die seit April gesammelten Unterschriften übergeben. Mit 77 001 Unterschriften kamen mehr als dreimal so viele zusammen, als für die Einleitung eines Volksbegehrens nötig sind. Ganz am Ende könnte also möglicherweise ein Volksentscheid kommen.

DW-Aktie stürzt ab

Nachdem die Mieten in der Hauptstadt in den letzten Jahren explodiert sind, hat sich der Senat auf Eckpunkte für einen Mietendeckel geeinigt (BILD berichtete).

Es wurde ein entsprechendes Eckpunktepapier mit geringfügigen Änderungen beschlossen. Die Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher (Linke), teilte nach der Senatssitzung mit: „Mieten dürfen für fünf Jahre nicht erhöht werden“. Ausgenommen vom sogenannten Mietenmoratorium sind Neubauten bei der Erstvermietung und der soziale Wohnungsbau.

▶︎ Seit das Eckpunktepapier vor circa zwei Wochen in den Medien thematisiert wurde, stürzten die Aktien der DW ab: auf das tiefste Niveau seit Frühjahr 2018. Zuletzt stieg die Aktie wieder ein wenig.

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