Monday, 29th April 2024
29 April 2024

Renault-Boss sitzt in unbeheizter 4,8-Quadratmeter-Zelle

Als Chef von Nissan, Renault und Mitsubishi konnte sich Carlos Ghosn ein Luxusleben leisten: feines Essen, teure Reisen, angemessene Bleibe. Am Montag wurde Ghosn festgenommen. Der Verdacht: Untreue. Er habe seine Einkünfte in den Finanzberichten des Unternehmens über fünf Jahre um umgerechnet insgesamt 40 Millionen Euro zu niedrig angegeben, so der Vorwurf.

▶︎ Jetzt sitzt Ghosn in Untersuchungshaft, und zwar im Tokyo Detention Center. Seine Zelle ist 4,8 Quadratmeter groß, inklusive Toilette. Nissan teilte am Donnerstag mit, man habe entschieden, sich von Ghosn als Vorsitzendem des Verwaltungsrats zu trennen.

Japan-Knast statt Luxusleben!

Das hochhausähnliche Tokyo Detention Center im Osten der japanischen Hauptstadt stand in diesem Jahr schon einmal im Mittelpunkt des Interesses: als der verurteilte Gründer der Aum-Sekte für seinen Giftgasanschlag auf die Tokioter U-Bahn im Jahr 1995 gehängt wurde.

Dort geht es, wie in Gefängnissen üblich, eng und spartanisch zu: Viele sind mit den traditionellen japanischen Strohmatten und Futonbetten ausgestattet, andere auch mit Betten nach westlichem Standard, berichtet ein Reuters-Reporter, der sich dort umgesehen hat.

Der Gefängnisalltag

„Es muss nicht bequem sein, das ist schließlich kein Hotel“, sagt Professor Yasuyuki Deguchi von der Tokyo Future University. „Aber es ist ordentlich, hygienisch und sauber.“

▶︎ Es gibt keine Heizungen, damit sich niemand an ihnen erhängen kann. „Um diese Jahreszeit ist es ziemlich kalt“, twitterte der Internet-Unternehmer und verurteilte Betrüger Takafumi Horie. Aus dem gleichen Grund sind Gürtel, Halstücher und lange Unterhosen verboten, wie der ehemalige Hochschullehrer Tsutomu Nakamura berichtet.

▶︎ Auch Fernsehgeräte oder Radios fehlen. Untersuchungshäftlinge dürfen nicht einmal Laptops oder Handys benutzen. Auf eine Vorzugsbehandlung dürfe Ghosn nicht hoffen, sagt Professor Nakamura. „Jeder wird gleich behandelt, sogar ein Ministerpräsident.“ Tägliches Duschen ist nicht vorgesehen.

▶︎ Das Essen wird in den typisch japanischen Holzkästchen („Bento“) ausgegeben – viel Abwechslung gibt es dabei nicht, wie Hideto Ninomiya sagt, ein Strafverteidiger, der die Anstalt vor drei Monaten besucht hat.

▶︎ Besuche von der Familie und von Freunden sind auf 15 Minuten pro Tag beschränkt. Die Einsamkeit in den Einzelzellen zermürbe vor allem die Häftlinge aus der Oberschicht, die wegen Wirtschaftsstraftaten einsitzen, sagt Strafverteidiger Ninomiya. „Sie halten das nicht aus, und das treibt sie zu einem Geständnis.“ Nach japanischem Recht kann Ghosn ohne formale Anklage 23 Tage inhaftiert bleiben.

Der 64-jährige Ghosn war am Montag verhaftet worden. Nissan wirft ihm vor, Geld, das dem Unternehmen gehört, für private Zwecke verwendet zu haben, und im Zusammenspiel mit Vorstandsmitglied Greg Kelly fünf Jahre lang seine im Geschäftsbericht ausgewiesenen Bezüge zu niedrig angegeben zu haben. Auch Kelly sitzt in Haft. Ghosn hat sich zu den Beschuldigungen bisher nicht geäußert. Sollte ein Verfahren eröffnet werden, drohen ihm eine fünfstellige Geldstrafe und theoretisch bis zu zehn Jahre Haft.

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