Sunday, 19th May 2024
19 Mai 2024

EU-Parlament beschließtAbgas-Hammer

Schadstoff-Ausstoß von Neuwagen muss deutlich sinken ++ Experte: Um das Ziel zu erreichen, müssten 40 Prozent aller Neuwagen E-Autos sein

Strengere CO2-Regeln fürs Klima!

Das Europäische Parlament hat heute neue Abgaswerte für Autos beschlossen – mit einer großen Mehrheit von 521 zu 63 Stimmen. Die Entscheidung: Bis 2030 sollen Neuwagen im Schnitt 37,5 Prozent weniger Kohlenstoffdioxid in die Luft blasen als 2021.

Auf diesen Kompromiss hatten sich schon im Dezember EU-Unterhändler geeinigt. Die Abstimmung im Parlament galt deshalb als Formalie. Jetzt muss noch der Rat der EU-Mitgliedstaaten der Verordnung zustimmen. Wie eine EU-Sprecherin zu BILD sagte, soll das am 15. April passieren.

Die Autoindustrie kritisiert die neuen Werte als überzogen, das Europaparlament dagegen wollte ursprünglich noch strengere Regeln: Die Abgeordneten gingen mit 40 Prozent Minderung in die Verhandlung, Deutschland plädierte für 30 Prozent weniger CO2-Abgase.

Was bedeutet die Entscheidung? Wie soll sie umgesetzt werden? Und was wird sich künftig für Autofahrer ändern? BILD gibt den Überblick.

Wofür gelten die Werte?

Die neuen Emissionswerte gelten für den Neuwagenabsatz jeweils eines Autobauers. Bis 2021 dürfen sie im Schnitt 95 Gramm je Kilometer nicht überschreiten. Hersteller größerer und damit auch schwererer Autos dürfen darüber liegen.

▶︎ Die EU legt in den neuen Zielen nur Prozentzahlen fest, weil sich das Verfahren, wie die Emissionswerte ermittelt werden, inzwischen geändert hat.

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Wie soll das umgesetzt werden?

So ganz klar ist das auch Experten noch nicht. „37,5 Prozent weniger Kohlenstoffdioxid bedeutet eine riesige Veränderung“, sagt Professor Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach.

Der Europa-Abgeordnete Jens Gieseke (CDU) zu BILD: „Die Ausstöße nun nochmals um über ein Drittel verringern zu wollen, wird für die Automobilbranche nicht leicht.“

▶︎ Greenpeace brachte eine E-Auto-Quote oder ein Ausstiegsdatum für den Verbrennungsmotor ins Spiel.

Fest steht: Die Hersteller müssen jetzt sehr viel mehr in die Entwicklung und die Produktion von Elektro- und Hybrid-Wagen investieren. Das sollen sie zwar schon länger, bislang ist aber zu wenig passiert. Auch hybride Antriebe sind eine Alternative zu Verbrennungsmotoren, die mit Benzin und Diesel fahren.

„Um das beschlossene CO2-Ziel zu erreichen, müssen nach unseren Berechnungen etwa 40 Prozent der Autos in Europa im Jahr 2030 E-Autos sein“, sagt Bratzel. Im Moment liege Deutschland bei zwei Prozent.

Damit der Verbrauch um die beschlossenen 37,5 Prozent sinke, müsse ein Auto 2,6 Liter auf 100 Kilometer verbrauchen. „Gerade sind wir bei gut fünf Litern.“ Und das seien schon die Normverbräuche, also die, die auf dem Messstand gemessen werden – nicht mal der tatsächliche Verbrauch auf der Straße. Der ist immer höher.

„In keinem anderen Teil der Welt gibt es derart scharfe Ziele“, kritisiert Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie die strengeren Werte. Es sei noch offen, wie und ob sie überhaupt erreicht werden könnten.

Dabei ist auch die Politik gefragt. Sie muss laut Bratzel vor allem dafür sorgen, dass die Ladeinfrastruktur ausgebaut wird. „Die Menschen kaufen kein E-Auto, wenn sie es nicht aufladen können.“ Außerdem braucht es ein stabiles Stromnetz. „Es müssen wohl neue Kabel verlegt werden.“

Was bedeutet der Beschluss für die Verbraucher?

Die EU-Entscheidung bedeute für Autofahrer Sicherheit, sagt Bratzel. „Es ist jetzt klar, dass die Elektro-Mobilität wirklich kommt.“ Wer sich in Zukunft ein Auto kauft, sollte also abwägen, ob er sich noch für einen Verbrennungsmotor oder schon für eine alternative Antriebsart entscheidet.

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Das Problem: „Im Schnitt sind E-Autos heute noch 30 bis 50 Prozent teurer als die alten Antriebsarten“, sagt Bratzel. Daran werde sich so schnell auch nichts ändern. Immerhin fährt man nach der teuren Anschaffung mit dem E-Auto günstiger, weil Strom billiger ist als Benzin. Auch eine Steuerbegünstigung hält Bratzel für denkbar, um die notwendige Autowende nach vorne zu bringen. Trotzdem wird sich nicht jeder ein sauberes Auto leisten können.

Dass es zu generellen Fahrverboten für Benziner kommt, glaubt der Experte nicht. „Das ist nicht durchsetzbar“, sagt Bratzel.

Woher soll der Strom kommen?

Dass die Autowende an zu wenig Strom scheitert, sieht Bratzel nicht. Es gebe große Anlagen, etwa Windräder, die sogar mehr Strom produzieren, als gebraucht werde. „Was die Menge angeht, bekommt man das mit dem bestehenden Stromnetz hin“, sagt Bratzel.

ABER: Damit die Autowende das Klima wirklich verbessere, brauche es auch eine Energiewende. Bratzel: „Es nützt ja nichts, wenn wir saubere Autos haben, die aber dann mit Strom fahren, der umweltschädlich produziert wurde.“

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