Friday, 19th April 2024
19 April 2024

So wollen Kommunen höhere Grundsteuern verhindern

Der Scholz-Plan zur Reform der Grundsteuer bekommt ordentlich Gegenwind, obwohl noch gar nicht alle Details bekannt sind.

Wie BILD berichtete, geht nun erstmals aus einem internen Papier des Finanzministeriums hervor, was die Pläne von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (60, SPD) für Eigentümer und Mieter bedeuten könnten:

● eine durchschnittliche Erhöhung der Grundsteuer um 22,1 Prozent

● in Städten wie Berlin eine mögliche Steigerung sogar um 63,1 Prozent

● entlastet würden Eigentümer und Mieter in kleineren und mittleren Städten

▶︎ Postwendend reagierte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, und versprach in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Für die Städte ist klar: Die Reform der Grundsteuer soll nicht zu Lasten der Bürger gehen.“

Wie aber wollen die Städte das machen? Und worum geht es bei der Grundsteuer-Reform überhaupt? BILD liefert die wichtigsten Antworten:

Was genau ist die Grundsteuer?

Die Grundsteuer wird – wie der Name sagt – für ein Grundstück fällig, egal ob bebaut oder nicht. Jedes Jahr wird vom Fiskus festgelegt, wie hoch sie ist. Zahlen muss man sie vierteljährlich. Weil sie an die Gemeinden geht, ist sie eine Gemeindesteuer. Sie kann teilweise auf die Mieter umgelegt werden.

Etwa 14 Milliarden Euro spült die Grundsteuer jährlich in die kommunalen Kassen, ist für die Gemeinden also sehr wichtig. Für ihre Berechnung sind drei Elemente entscheidend:

Erstens, der Einheitswert, der nach dem Bundesverfassungsgericht verfassungswidrig ist. Er wird vom Finanzamt bestimmt und richtet sich zum Beispiel nach Miete, Bauweise und Gemeindegröße. Zweitens, der Grundsteuermessbetrag, der sich aus der Grundsteuermesszahl in Bezug auf den Einheitswert ergibt. Und drittens, der Hebesatz, er steht bei der aktuellen Diskussion besonders im Fokus.

Warum ist der Hebesatz so wichtig?

Helmut Dedy vom Deutschen Städtetag verweist auf den Hebesatz als mächtiges Instrument der Gemeinden. Denn dieser bestimmt am Ende, wie hoch die private Grundsteuer insgesamt ausfällt.

▶︎ Die Hebesätze werden individuell festgelegt, die Unterschiede sind groß. Sie bewegen sich im Bundesgebiet zwischen null Prozent – zum Beispiel Mittelstrimmig (Rheinland-Pfalz) – und etwa 1050 Prozent in Lautertal (Hessen). Die meisten Städte verlangen zwischen 300 und 500 Prozent.

Bei der Vorstellung seines Reform-Konzepts hatte sich Finanzminister Scholz überzeugt gezeigt, dass die Kommunen „überall in Deutschland“ die Hebesätze senken würden – und die Grundsteuern damit nicht explodieren würde.

Die Hebesetze sind vor allem bei größeren Städten beliebt. „Oft rechtfertigen die Städte ihre Hebesätze mit Investitionen etwa in den Kita-Ausbau oder Grünflächen. Tatsächlich dafür einsetzen müssen sie die Steuern aber später nicht“, erklärte Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler gegenüber BILD.

Trotzdem sicherte Dedy zu: „Die Städte werden verantwortlich mit der neuen Grundsteuer umgehen und ihre Hebesätze anpassen, falls Mehrbelastungen drohen.“

▶︎ Allerdings: Ganz verhindern können werden die Städte auch durch ihre Zusage nicht, dass sich die Grundsteuer beim Einzelnen nach oben oder unten bewegt. Es lasse sich nicht vermeiden, dass es innerhalb der Städte Verschiebungen geben werde und der einzelne Steuerbescheid etwas niedriger oder höher ausfalle, sagte Dedy.

Denn: Bei der Reform geht es vor allem um den verfassungswidrigen Einheitswert. Er wird individuell für ein Grundstück festgelegt und kann sich bei einer Neuberechnung ändern. Der Hebesatz dagegen ist für alle Einwohner derselbe.

Damit es keine allzu heftigen Auswüchse gibt, denkt Scholz jedoch über eine Kappungsgrenze beim Einheitswert für sehr große Städte nach.

Wie geht es weiter mit dem Scholz-Plan?

Wie viel Eigentümer und Mieter nach einer Reform der Grundsteuer mehr bezahlen müssen, bleibt weiterhin unklar. Auch das Modell zur Neuberechnung der Grundsteuer steht noch nicht fest.

Scholz hatte nach acht Monaten Wartezeit Ende November erstmals ein Konzept für die notwendige Reform der Grundsteuer vorgestellt. Genauer gesagt waren es zwei Vorschläge, die er seinen Länderkollegen unterbreitete.

Der Finanzminister will die Grundsteuer zukünftig nicht mehr je Immobilie berechnen lassen, sondern für jede Wohnung. Relevant sollen dabei Fläche und Alter der Immobilie sowie die Höhe der Miete sein.

Je höher die Miete, desto höher könnte die Grundsteuer ausfallen. Das könnte vor allem Eigentümer und Mieter in Großstädten treffen. Außerdem gilt das Konzept für die Finanzämter als aufwendig.

Die Reaktionen fielen denn auch verhalten aus: Nur vier der 16 Länder haben die Unterstützung von Scholz’ Plan angekündigt. Er braucht aber die Zustimmung aller. Dabei wären Bremen, Berlin, Rheinland-Pfalz und Brandenburg, dort regiert die SPD mit. Aus Bayern, Hessen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen – mehrheitlich unter CDU/CSU-Regierungen – kam Kritik.

Warum überhaupt eine Reform?

Im April urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass die Grundsteuer in ihrer jetzigen Form verfassungswidrig ist. Laut den obersten Richtern ist der Einheitswert das Problem, er wurde in den westlichen Bundesländern 1964 festgelegt, in den östlichen 1935.

Inzwischen hat sich einiges verändert, auch die Werte von Grundstücken und Immobilien. Bei der Entscheidung ging es deshalb um die Frage, ob die Berechnung des Werts gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstößt.

Die Vorgabe des Gerichts deshalb: Bis Ende 2019 muss die Regierung eine Neuregelung auf den Weg bringen. Im Januar wird es das nächste Treffen zwischen Bund und Ländern geben. Der Deutsche Städtetag hofft, dass sie sich dann auf ein Reform-Modell einigen.

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