Thursday, 18th April 2024
18 April 2024

Sind die fetten Jahre jetzt vorbei?

2016 und 2017 waren Boom-Jahre für die deutsche Wirtschaft. Im letzten Jahr ließ die Konjunktur jedoch nach. Eine Rezession konnte am Ende noch abgewendet werden, das Wachstum schrumpfte allerdings deutlich. Woran liegt das? Und wie geht es jetzt weiter?

Laut den am Dienstag vom Statistischen Bundesamt vorgelegten Zahlen legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vergangenen Jahr um 1,5 Prozent zu – nach jeweils 2,2 Prozent in den beiden Vorjahren.

Seit 2010 ist die Großwetterlage allerdings durchweg positiv. 2009 musste sich Europas größte Volkswirtschaft zuletzt von der tiefen Rezession infolge der globalen Finanzkrise erholen. Seitdem geht es bergauf! Der Aufschwung in Deutschland ginge damit inzwischen ins 10. Jahr – wenn denn 2019 auch wieder ein Wachstum erreicht wird. Das wäre die längste Aufschwungphase seit 1966 – dem Nachkriegsboom.

Beim Bundeswirtschaftsministerium ist man optimistisch. „Die Auftragsbücher sind voll, mit über 45 Millionen Beschäftigten haben wir ein Rekordniveau erreicht und auch Renten und Löhne steigen weiter. Minister Altmaier hat deutlich gemacht, dass er alles dafür tun wird, dass das auch so bleibt“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums zu BILD.

Klingt eigentlich alles sehr positiv – was ist die Ursache des konstanten Auftriebs?

Niedrige Zinsen, Kauflust der Verbraucher

Den Zahlen des Bundesamtes zufolge profitierte die Konjunktur im vergangenen Jahr abermals von der Kauflust der Verbraucher. Das ist weiterhin eine Folge der Tatsache, dass man auf der Bank keine Zinsen bekommt und Sparer momentan wenig Freude haben. Die Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank hat also weiterhin den gewünschten Erfolg.

Hinzu kamen gestiegene Investitionen vieler Unternehmen in Ausrüstungen, Bauten und sonstige Anlagen sowie der Bauboom. Auch die Konsumausgaben des Staates, zu denen unter anderem soziale Sachleistungen und Gehälter der Mitarbeiter zählen, legten den Angaben zufolge zu.

  • Trotz Haushaltsüberschuss

    Wirtschafts-Wachstum auf Fünf-Jahres-Tief

    Der deutsche Staat hat 2018 mehr Geld eingenommen als ausgegeben – dabei ist das Wachstum so gering wie seit fünf Jahren nicht mehr.

  • Teurer Jahresstart

    10,4 Millionen Deutsche rutschen im Januar in Dispo

    Zum Jahresbeginn hagelt es Rechnungen. Für viele wird es finanziell eng, sie rutschen in den Dispo. Das kann schnell teuer werden.

Woher kommt die plötzliche Wachstums-Flaute?

Das Wachstum ist weiterhin da, doch warum nimmt es jetzt ab? 2018 war die Konjunktur auf einem Fünf-Jahres-Tief!

▶︎ Die Automobil-Exporte litten besonders unter dem WLTP-Verfahren (dem für die UN-Staaten einheitlich eingeführten Fahrzeug-Emissions-Testverfahren). Hersteller mussten ihre Produktion zeitweise drosseln und sorgten im dritten Quartal tatsächlich für einen zeitweisen Abschwung.

▶︎ Auch die global abgeschwächte Konjunktur schlägt sich bei uns nieder. Das Niedrigwasser durch die anhaltende Dürreperiode sorgte für Verzögerungen und hemmte den Warenverkehr.

Beim Ministerium schlägt man jetzt Alarm und will möglichst schnell handeln – bevor es zu einer tatsächlichen Rezession kommt: „Herausforderungen wie der Brexit, internationale Handelskonflikte, neue Prüfzyklen für die Autoindustrie oder auch der Digitalisierungsbedarf ziehen auch an unserer Volkswirtschaft nicht spurlos vorbei. Deshalb müssen wir die Wirtschaft jetzt sinnvoll entlasten und Wachstumsimpulse setzen. Das muss gemacht werden, bevor es zu einem Abschwung kommt“.

Was heißt das konkret? Das Wirtschaftsministerium schlägt eine schrittweise Abschaffung des Soli für alle, Bürokratieentlastung und die Förderung von Forschung und Entwicklung vor.

Des Weiteren sollen wirtschaftliche Anreize für den Mittelstand und für Investitionen in Zukunftstechnologien der „Künstlichen Intelligenz gesetzt (KI)“ werden. Auf der Agenda stehen außerdem eine Neuregelung von Firmenübernahmen durch ausländische Investoren sowie eine Gesetzesnovelle im Wettbewerbsrecht.

Ausblick auf 2019

Angesichts des anstehenden Brexit und der internationalen Zollkonflikte blickt auch Außenhandelspräsident Holger Bingmann skeptisch in die Zukunft: „Die rosigen Wachstumszeiten laufen aus. Das Umfeld wird rauer und verlangt den Unternehmen erhebliche Anstrengungen ab, um ihre Wettbewerbsposition zu halten.“

DIW-Präsident Marcel Fratzscher ist dagegen optimistisch, dass Deutschland 2019 in der Wachstumsspur bleibt: „Der starke Arbeitsmarkt, mit weiter steigender Beschäftigung und gesunden Lohnsteigerungen, wird den privaten Konsum weiterhin zur wichtigsten Stütze der Konjunktur machen.“

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