Tuesday, 23rd April 2024
23 April 2024

Europas letztes Computerwerk schließt

Alle reden über Digitalisierung und wie der Standort Deutschland auch im Arbeitsleben mit der internationalen Konkurrenz mithalten kann. Gleichzeitig droht mit der Schließung eines Innovationshubs ein großer Kompetenzverlust.

Das einzige verbliebene Computerwerk in Europa steht vor dem Aus: Der japanische Konzern Fujitsu will bei seinem weltweiten Umbau bis zum Jahr 2020 seine Fabrik in Augsburg schließen. „Die Schließung betrifft alle 1500 Beschäftigten des Standorts“, erklärte ein Sprecher. Auch etwa 300 Jobs an anderen deutschen Niederlassungen sind gefährdet.

Der Bundestagsabgeordnete für die Region, Dr. Volker Ullrich (CSU), hat sich bereits eingeschaltet, sagte zu BILD: „Die Schließung des Werks von Fujitsu ist eine bittere Nachricht für den Standort Augsburg. Es ist bedauerlich, dass damit auch die letzte Produktion von PCs auf deutschem Boden ihr Ende findet.“

Das Problem: Das Werk in Augsburg ist nicht nur das letzte europäische Computerwerk, sondern auch ein Vorzeige-Standort für die Arbeitswelt 4.0 und ein Innovationszentrum. Es ist eines der modernsten Werke Europas. Roboter arbeiten mit Arbeitnehmern Seite an Seite, es werden neue Strategien für Cyber-Security und digitale Produkte entwickelt. Das Werk ist ein Teil einer Wissensplattform mit den Universitäten der Region.

▶︎ Deshalb will der Abgeordnete gegen die Schließung des Werkes kämpfen: „Das Augsburger Fujitsu-Werk hat sich in den letzten Jahren auch dank des großen Engagements der Arbeitnehmer zu einem führenden Standort für IT-Sicherheit, digitale Prozesse und Produktentwicklung entwickelt. Umso unverständlicher ist, dass der japanische Mutterkonzern sich zu diesem drastischen Schritt entschlossen hat.“

Ullrich verhandelt mit der Stadt Augsburg, der Geschäftsleitung von Fujitsu Deutschland, dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Betriebsrat, ob „ nicht eine Lösung zum Erhalt von möglichst vielen Arbeitsplätzen im Bereich Cybersicherheit und Entwicklung gefunden werden kann. Das wäre auch im industriepolitischen Interesse.“

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Fujitsu: »Forschung wird in Japan gebündelt

Was passiert mit dem Entwicklungsstandort in Augsburg? Ein Fujitsu-Sprecher zu BILD: „Im Rahmen des neuen Modells wird Fujitsu in Japan alle Forschungs-, Beschaffungs- und Fertigungsaktivitäten für das Produktgeschäft bündeln.“

Das Unternehmen verweist aber auch darauf, dass das Unternehmen Investitionen plane: „in Zukunftsbereichen wie Künstliche Intelligenz und Blockchain. Auch Themen wie Industrie 4.0 werden weiterhin vorangetrieben – etwa im Industrie 4.0 Kompetenzzentrum in München“.

Unklar ist aber in welchem Ausmaß und warum das nicht auch weiter in Augsburg passieren kann. Fujitsu verweist darauf, dass der Standort Augsburg „in erster Linie der Produktfertigung und den damit verbundenen unterstützenden Prozessen dient“ und „der Erhalt des Standorts wirtschaftlich nicht tragfähig“ sei.

1500 Arbeitsplätzen droht das Aus

Neben dem Wissensverlust droht rund 1500 Mitarbeitern im Augsburger Werk der Verlust des Arbeitsplatzes. Wie viele Stellen letztendlich wegfallen, sollen die Verhandlungen mit den Arbeitnehmer-Vertretern über einen Sozialplan ergeben. Fujitsu hat ansonsten jedoch keinen weiteren Produktionsstandort in Deutschland.

Fujitsu beschäftigt nach eigenen Angaben weltweit rund 140 000 Menschen, in Deutschland sind es bisher 5500. Abgesehen von der Produktion in Augsburg sind viele Mitarbeiter in kleineren Niederlassungen im gesamten Bundesgebiet im Kundendienst tätig.

Deutschland und die Digitalisierung

Immer wieder wird beklagt, dass Deutschland beim Thema Digitalisierung hinterherhinke. Ein Beispiel ist das schlechte Mobilfunknetz. Wirtschaftsminister Peter Altmaier lässt keine ausländischen Kollegen während der Fahrt durchstellen, weil es zu peinlich ist, dass das Netz dauernd zusammenbricht.

Dabei ist Digitalisierung Chefsache und im Kanzleramt angesiedelt. Kanzleramtsminister Helge Braun sagte zur „WirtschaftsWoche“: „Wir brauchen jetzt einen echten Aufbruch“, sagte Braun. Die Bundesregierung habe die Digitalisierung des Staates als besonders große Aufgabe erkannt. Bis 2025 sollen zusätzlich drei Milliarden Euro in die Entwicklung Künstlicher Intelligenz gesteckt werden, hundert neue Professoren-Stellen sind geplant.

Gleichzeitig erinnerte er aber auch daran, dass die Unternehmen und Gesellschaft mitziehen müssen: „Wir müssen aber alle mitgehen“, forderte Braun. Und es brauche auch mutige Unternehmen und eine dynamische Gesellschaft. „Das kann die Bundesregierung nicht allein.“

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