Wednesday, 24th April 2024
24 April 2024

Banken-Ehe bahnt sich an

FDP-Chef Christian Lindner begrüßt Pläne, warnt aber vor staatlicher Einmischung – Gewerkschaften laufen Sturm gegen möglichen Job-Kahlschlag

Jetzt ist es amtlich: Deutsche Bank und Commerzbank nehmen Gespräche über eine mögliche Fusion auf. Das teilten die beiden Institute am Sonntag in Frankfurt mit.

Über ein Zusammengehen der beiden Institute wird seit Monaten spekuliert.

Am vergangenen Wochenende war dann durchgesickert, dass die beiden Bank-Chefs Christian Sewing und Martin Zielke im kleinen Kreis über ein Zusammengehen der beiden Institute sprechen. Nun gehen die beiden Top-Banker offenbar einen Schritt weiter.

Der Bund ist seit der Finanzkrise mit rund 15 Prozent an der Commerzbank beteiligt.

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►Die Deutsche Bank schrieb in einer Pflichtmitteilung, der Vorstand habe am Sonntag beschlossen, strategische Optionen zu prüfen. „Diese Optionen wird der Vorstand daraufhin bewerten, ob sie Wachstum und Profitabilität der Bank stärken. In diesem Zusammenhang bestätigen wir, dass Gespräche mit der Commerzbank geführt werden.“ Es gebe „keine Gewähr“, dass es am Ende der Gespräche auch zu einer Transaktion komme. Aus Finanzkreisen verlautete am Sonntag, die Gespräche würden nun umgehend begonnen. „Man will ein Zusammengehen ernsthaft prüfen.“

Sollten das Vorhaben glücken, entstünde die mit großem Abstand größte deutsche Bank mit rund 38 Millionen Privat- und Firmenkunden, anfänglich rund 140.000 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von fast zwei Billionen Euro.

Wichtige Anteilseigner der Deutschen Bank sind nicht überzeugt, dass eine Fusion Sinn ergibt, allerdings hatte der Finanzinvestor Cerberus, der Anteile an beiden Instituten hält, zuletzt seine Zustimmung zu einem Deal signalisiert.

SPD will Fusion, Union hat Bauchschmerzen

Das Vorhaben wird auch von der Politik unterstützt – insbesondere von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und seinem Staatssekretär Jörg Kukies, dem früheren Deutschland-Chef von Goldman Sachs. Ihrer Meinung nach braucht Deutschland ein starke Großbank.

Allein Kukies traf sich offiziellen Angaben zufolge im vergangenen Jahr fast zwei Dutzend Mal mit Managern der Deutschen Bank. Bei der Commerzbank hat der Bund über seine Aktienbeteiligung von gut 15 Prozent, die er seit der Finanzkrise hält, Mitspracherecht.

Medienberichten zufolge sollen Scholz und Kukies die Bankchefs Christian Sewing (Deutsche Bank) und Martin Zielke (Commerzbank) gedrängt haben, ein Zusammengehen zu prüfen – idealerweise vor der Europawahl Ende Mai.

▶︎ Die Sorge des Finanzministers: Europas größter Volkswirtschaft fehlt eine schlagkräftige internationale Großbank. Während die US-Konkurrenz längst wieder bestens verdient, dümpeln Deutschlands Großbanken zehn Jahre nach der Finanzkrise vor sich hin.

Bei CDU und CSU gibt es allerdings große Vorbehalte über die mögliche Fusion. Der Knackpunkt: Der Staat hält 15 Prozent an der Commerzbank, der Zusammenschluss wäre also auch eine Entscheidung des Bundes.

„Von staatlichen Eingriffen halte ich rein gar nichts“, sagte CDU-Wirtschaftssprecher Joachim Pfeiffer dem Magazin „Der Spiegel“. Der Bund solle sich finanziell nicht an der Fusion beteiligen, fordert er: „Die Bundesbeteiligung an der Commerzbank war und ist temporär und baldmöglichst zurückzuführen.“

CSU-Wirtschaftsexperte Hans Michelbach wird im „Spiegel“ noch deutlicher: „Wir brauchen keine Deutsche Staatsbank AG.“ Es dürfe „keine Steuergelder für eine Fusion geben, weder vorübergehend noch dauerhaft“.

FDP-Chef Christian Lindner begrüßt die Fusionspläne von Deutscher Bank und Commerzbank:

▶︎„Deutschland braucht eine starke Privatbank. Allein waren Deutsche Bank und Commerzbank das nicht mehr“, sagte Lindner zu BILD. Es müsse jetzt „anhand konkreter Konzepte“ geprüft werden, „ob eine Fusion sinnvoll ist“. Diese müsse aber durch die Eigentümer geschehen. Linder warnte ausdrücklich vor zu großer Einmischung seitens der Bundesregierung: „Eine vom Staat eingefädelte Zwangsfusion wäre weder für Kunden noch für Eigentümer gut.“

10 000 Arbeitsplätze in Gefahr, Gewerkschaften laufen Sturm gegen Fusion

Der deutsche Bankenmarkt ist hart umkämpft, die niedrigen Zinsen im Euroraum und hohe Regulierungskosten erschweren der Branche das Geldverdienen zusätzlich. Dazu kommen hausgemachte Probleme wie teure juristische Altlasten bei der Deutschen Bank.

Nach drei Verlustjahren in Folge hat Deutschlands größtes Geldhaus 2018 mit 341 Millionen Euro Überschuss gerade erst die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft. Von Milliardengewinnen der Vergangenheit und Rekord-Kursen ihrer Aktien ist die Deutsche Bank weit entfernt.

Die Commerzbank hat im vergangenen Jahr etwa zweieinhalb Mal so viel verdient wie die Deutsche Bank (865 Mio. Euro). Trotzdem musste der Konzern Stellen streichen, fiel im Herbst 2018 sogar aus dem DAX, dem Olymp der Deutschen Börse.

▶︎ Mit der Fusion könnten die Banken Kosten sparen und wettbewerbsfähiger werden – die Mitarbeiter würden aber einen hohen Preis dafür zahlen.

Mindestens zehntausend Arbeitsplätze würden bei der Fusion gestrichen werden, vermuten Experten.

Die Gewerkschaften laufen deshalb bereits Sturm gegen einen Zusammenschluss, weil dieser mit dem Abbau von mehreren zehntausend Stellen verbunden sein dürfte. Experten gehen davon aus, dass mindestens 30.000 Stellen wegfallen dürften.

Die Gewerkschaftsvertreter in den Aufsichtsräten der beiden Geldhäuser haben bereits angekündigt, dass sie gegen eine Fusion stimmen würden. Am kommenden Donnerstag soll das Thema in den Kontrollgremien beider Konzerne diskutiert werden, auch wenn es bislang nicht auf den offiziellen Tagesordnungen steht.

Ob ein Zusammenschluss der beiden Banken die Lösung ihrer Probleme wäre, ist umstritten: Die Deutsche Bank sitzt noch immer auf einem riesigen Berg hochriskanter Derivate. Die Commerzbank hat Milliarden in Anleihen von Staaten mit schlechter Zahlungsmoral gesteckt.

Sollte die Bundesregierung ihren Anteil an der Commerzbank behalten, könnte das beruhigend auf die Aktionäre wirken: Es könnte bedeuten, dass der Staat im Krisenfall einspringt.

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