Thursday, 25th April 2024
25 April 2024

Ursula von der Leyen will mit Bürgern über Reform der EU sprechen

Ursula von der Leyen: Die CDU-Politikerin will Nachfolgerin von Jean-Claude Juncker werden. (Quelle: Archivbild/Vincent Kessler/Reuters)

Ursula von der Leyen ist auf Werbetour in Brüssel. Bei den Fraktionen im Europaparlament spricht sie über Ideen und Ziele ihrer Präsidentschaft. Dringt sie damit bei ihren Kritikern durch?

Ursula von der Leyen muss in Brüssel viel Überzeugungsarbeit leisten. Seit die deutsche Verteidigungsministerin von den Staats- und Regierungschefs als Nachfolgerin von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgeschlagen wurde, regt sich Unmut im Europaparlament. Auf ihrer Werbetour in eigener Sache standen am Mittwoch Treffen mit den Fraktionen der Sozialdemokraten, der Liberalen und der Grünen auf dem Programm.

Es hieß also Farbe bekennen für die CDU-Politikerin. Wofür steht sie politisch? Wo setzt sie ihre Schwerpunkte? Was würde sich ändern mit ihr an der Spitze der Kommission? Beim Treffen mit den Liberalen, das live im Internet übertragen wurde, warb von der Leyen für ein selbstbewusstes Europa, das beim Umweltschutz und der Digitalisierung vorangeht und eine stärkere außenpolitische Rolle einnimmt. Zugleich kündigte sie einen großangelegten Bürgerdialog zur Reform der Europäischen Union an, sollte sie Kommissionschefin werden. „Das ist eine brillante Idee, die ich mit ganzem Herzen unterstütze“, sagte von der Leyen. Aus den Bürgerdialogen sollten die wichtigsten Ideen aufgenommen und in Gesetzesvorhaben umgesetzt werden. Diese Idee werde sie in ihr Programm aufnehmen.

Bekenntnis zu Klimazielen

Die CDU-Politikerin bekannte sich ausdrücklich zum Ziel der Klimaneutralität bis 2050. Sie kündigte an, das Thema Klimawandel zu einem Schwerpunkt machen zu wollen. Dabei gelte es, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken und wirtschaftliche Chancen zu nutzen, sagte die Ministerin. „Wir alle im Raum wissen, dass die Uhr tickt.“ Wenn sich die EU jedoch bei neuen Technologien an die Spitze setze, könne die Union ein Modell für die Welt sein. „Lassen Sie uns mutig und lassen Sie uns ehrgeizig sein“, sagte sie.

Als weitere zentrale Herausforderung benannte von der Leyen die Digitalisierung. Europa sei hier kein Vorreiter, es gebe viel nachzuholen, beklagte die CDU-Politikerin. Sie nahm die Unternehmen in die Pflicht, die hier selbst noch viel zu leisten hätten. Aber auch die EU müsse konzeptionell nachlegen. Von der Leyen sprach sich dafür aus, im Bereich der Cybersicherheit ein Netzwerk von Experten aufzubauen, die sich regelmäßig austauschen und gemeinsam trainieren.

Schwerpunkt: Verteidigung und Sicherheit

Besonderen Fokus legte die Ministerin auf die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Von der Leyen warb dafür, dass die EU international mehr Verantwortung übernimmt. Sie stellte klar, dass sie Europa auf Dauer als festen Teil eines transatlantischen Bündnisses sehe. Doch müsse Europa aktiver in der eigenen Region werden. Deshalb habe die EU vor zwei Jahren die Verteidigungsunion auf den Weg gebracht. Denn man brauche nicht nur den politischen Willen, sondern auch die Instrumente. Europa habe ein besonderes Verständnis für eine umfassende Sicherheitspolitik. In dem Sinne sei die EU Vorreiter. „Das ist eine einzigartige Fähigkeit der Europäischen Union“, sagte die CDU-Politikerin.

Offen zeigte sich von der Leyen bei der Frage der Erweiterung der Eurozone, sobald Staaten dafür die Bedingungen erfüllten. Sie plädierte zudem dafür, die Tür der Europäischen Union für Länder in Osteuropa und auf dem Westbalkan offen zu halten. Nordmazedonien bezeichnete sie hier als leuchtendes Beispiel.

Auch kündigte sie an, für ein Geschlechtergleichgewicht bei den EU-Kommissaren sorgen zu wollen. Sie werde als Kommissionspräsidentin die Regierungen der EU-Länder dazu auffordern, jeweils einen Mann und eine Frau als EU-Kommissar vorzuschlagen. Die Hälfte der Posten solle dann von Frauen, die andere von Männern besetzt werden. Zuletzt waren lediglich 9 der 28 Kommissionsmitglieder Frauen.

Mit Blick auf ihre umstrittene Nominierung sagte von der Leyen, sie wolle sich im Fall ihrer Wahl für einen neuen Spitzenkandidaten-Prozess starkmachen. Bei der kommenden Europawahl müsse es ein Modell geben, das sowohl vom EU-Parlament als auch vom Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs akzeptiert wird. Von den Staats- und Regierungschefs gebe es bereits positive Signale für einen Dialog. Eine Reform des Prozesses könnte von der Leyens Chancen bei der Wahl im Europaparlament verbessern.

Sozialdemokraten bleiben skeptisch

Von der Leyen war am Vormittag bereits bei den Sozialdemokraten im EU-Parlament zu Gast. Anschließend hielt sich die Fraktion weiter offen, ob sie bei der Wahl des künftigen Kommissionschefs für die CDU-Politikerin  stimmt. Fraktionschefin Iratxe García Pérez erklärte, man habe von der Leyen einige konkrete Forderungen gestellt. Bevor man sich zu der Wahl positioniere, wolle man die Antworten abwarten.

Bei den Vertretern der SPD wird es wohl bei einer Ablehnung bleiben. „Bei uns haben sich alle 16 Mitglieder sehr klar geäußert, dass sie aus grundsätzlichen Gründen diesem Personalvorschlag nicht zustimmen können“, sagte die frühere Justizministerin Katarina Barley. „Ich gehe auch davon aus, dass es dabei bleibt.“
 

 
Am Nachmittag wollte die CDU-Politikerin die Grünen besuchen. Über ihre Personalie will das Europaparlament nach bisherigem Stand am 16. Juli abstimmen. Nötig für die Wahl von der Leyens ist die absolute Mehrheit der aktuell 747 Mitglieder der EU-Volksvertretung. Diese liegt bei 374 Stimmen.

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