Thursday, 28th March 2024
28 März 2024

Türkei: Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haft für Osman Kavala

Osman Kavala: Kavalas lange U-Haft hatte international für Kritik gesorgt. (Quelle: imago)

Seit einem Jahr sitzt er in Istanbul hinter Gittern: Dem türkische Kulturmäzen Osman Kavala wird vorgeworfen, die Gezi-Proteste im Jahr 2013 finanziert zu haben. Die Staatsanwaltschaft fordert eine lebenslängliche Haftstrafe.

Im prominenten Fall des seit fast 500 Tagen ohne Anklageschrift inhaftierten Intellektuellen Osman Kavala hat die Istanbuler Staatsanwaltschaft nun eine Anklageschrift vorgelegt. Das berichteten regierungsnahe Medien am Mittwoch. Kavalas Anwalt Ilkan Koyuncu sagte, das fragliche Gericht müsse das Dokument noch akzeptieren, was vermutlich am Donnerstag passieren werde. Danach könne ein Prozess beginnen.

Mitarbeiter von Osman Kavalas Organisation Anadolu Kültür begrüßten die Entwicklung. Die Projektleiterin Asena Günal sagte: „Dann hat Osman Kavala endlich die Möglichkeit, sich zu verteidigen.“

Kavalas lange U-Haft hatte international für Kritik gesorgt. Auch die Bundesregierung hat den Fall immer wieder angesprochen. Kavalas Kulturinstitut arbeitet auch mit dem Goethe-Institut, der Mercator-Stiftung, der Gerda-Henkel-Stiftung und dem Berliner Senat zusammen. Der prominente Geschäftsmann ist außerdem im Vorstand mehrerer türkischer zivilgesellschaftlicher Organisationen.

Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haft

In der 657-seitigen Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft Kavala vor allem vor, prominent an der „Organisation“ der großen regierungskritischen Gezi-Proteste im Jahr 2013 beteiligt gewesen zu sein. Sie fordert dafür „erschwerte lebenslange Haft“. Die Regierung hatte die Gezi-Proteste blutig niederschlagen lassen.

Der Staat klagt in demselben Fall 15 weitere Menschen an – unter anderem den ehemaligen Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“ Can Dündar, der in Deutschland im Exil lebt. Gegen Dündar laufen nach Angaben seines Anwalts noch fünf weitere Verfahren. Außerdem will die Staatsanwaltschaft auch gegen den bekannten Schauspieler Mehmet Ali Alabora und die Generalsekretärin der Türkischen Architektenkammer, Mücella Yapici, vorgehen.

Anklageschrift und geforderte Strafen lösten am Mittwoch über die Türkei hinaus Empörung aus. Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, ließ verlauten, sie veranschaulichten, wie weit die Türkei sich von den europäischen Menschenrechtsstandards entfernt habe. Die Organisation Freedom House kritisierte, dass die Forderung nach lebenslanger Haft gegen die Zivilgesellschaftler für ihre Teilnahme an den Gezi-Protesten ein krasser Versuch sei, Versammlungen zu kriminalisieren. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir twitterte, Kavala drohe „lebenslängliche Haft dafür, dass er sich für das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung eingesetzt“ habe. „Von Rechtsstaatlichkeit ist in der #Türkei nur ein Scherbenhaufen übrig.“

Der Fall Kavala ist auch Thema am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der EGMR hatte nach einer Beschwerde von Kavalas Anwälten der türkischen Regierung eine Frist bis zum Donnerstag gesetzt, um auf mehrere Fragen zu antworten. Unter anderem fragte es nach den rechtlichen Grundsätzen für die lange U-Haft und nach „plausiblen Gründen“ für den Verdacht gegen Kavala.

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