Friday, 19th April 2024
19 April 2024

„Equal Pay Day“: Frauen haben auch in Männerberufen finanzielle Nachteile

Equal Pay Day: Frauen fordern Gleichberechtigung in Beruf und Gesellschaft

Der Aktionstag markiert symbolisch die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. In diesem Jahr fällt er auf den 18. März.

"Equal Pay Day": Das sagen und fordern Politikerinnen und Protestierende für Beruf und Gesellschaft. (Quelle: Reuters)


Frauen haben in Deutschland im Schnitt weiter gut ein Fünftel weniger auf dem Gehaltszettel als Männer. Die Gründe dafür sind vielfältig – bewegt hat sich in den letzten Jahren wenig. 

Frauen verdienen in Deutschland immer noch weniger als Männer. Konkret verdienten Frauen 2018 laut Berechnungen 17,09 Euro brutto je Stunde und damit im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer. Diese kamen auf 21,60 Euro. Die Gründe dafür sind vor allem struktureller Natur.

Die Gehaltslücke lässt sich sowohl mit Gehaltsabständen zwischen einzelnen Berufen als auch mit einer Gehaltslücke zulasten von Frauen innerhalb der einzelnen Berufe erklären, heißt es von der Hans-Böckler-Stiftung. So arbeiten Frauen überdurchschnittlich häufig in vergleichsweise schlecht bezahlten Berufen. „Frauen arbeiten zum Beispiel überdurchschnittlich häufig in sozialen Berufen und die werden oft schlecht bezahlt“, sagt Malte Lübker von der Hans-Böckler-Stiftung gegenüber t-online.de.

Für viele Frauen geht es im Beruf nicht nur ums Geld

Zum Teil lässt sich die Gehaltslücke mit unterschiedlich hohen Anforderungen erklären. „Ein Ingenieur hat einen längeren Ausbildungsweg als beispielsweise eine Erzieherin. Aber selbst wenn man ähnliche Qualifikationsprofile nimmt und dann traditionelle Männer- und Frauenberufe vergleicht, sind die Frauenberufe meist im Nachteil.“

Selbst wenn Frauen sich für einen typischen Männerberuf entscheiden, haben sie da oft noch Nachteile. „Frauen verhandeln oft mehr als nur das Geld, etwa Flexibilität und Vereinbarkeit von Beruf und Familie – und zwar ganz einfach, weil Sie den Löwenanteil der Erziehungsarbeit leisten.“

Ein weiterer Grund für die anhaltende Gehaltslücke zwischen den Geschlechtern ist, dass Frauen seltener in Führungspositionen arbeiten, dafür häufiger in Teilzeit und in Minijobs, wodurch sie laut Statistischem Bundesamt im Durchschnitt auf einen niedrigeren Stundenlohn kommen. So habe etwa 2017 fast jede zweite erwerbstätige Frau eine Teilzeitstelle gehabt, bei den Männern war es nicht einmal jeder Zehnte. Bei der Beschäftigung von Frauen in vollen Stellen hinke Deutschland hinterher, stellte die Beratungsgesellschaft PwC fest. Während in Schweden und Island 83 und 76 Prozent der Frauen in Vollzeit arbeiteten, seien es in Deutschland 63 Prozent.

(Lohnspiegel.de) 

Große Unterschiede zwischen Ost und West 

Auffällig sind die regionalen Unterschiede. In den neuen Bundesländern ist der Abstand zwischen den Gehältern von Frauen und Männern geringer als in den neuen Bundesländern, zeigt eine Umfrage unter 309.000 Beschäftigten auf dem Böckler-Portal Lohnspiegel.de. Zwar ist das Lohnniveau dort generell geringer, Frauen verdienen also nicht mehr als anderswo, dafür beträgt die Differenz etwa in Brandenburg 14,9 Prozent. Wohingegen es laut Hans-Böckler-Stiftung in Baden-Württemberg 22,7 Prozent sind.

In Baden-Württemberg und Bayern ist demnach das verarbeitende Gewerbe, insbesondere die Automobilindustrie, stark verankert und bietet gut bezahlte Jobs, in denen ganz überwiegend Männer arbeiten. In den ostdeutschen Bundesländern sind viele Industrie-Arbeitsplätze hingegen nach der Wende weggebrochen, und damit auch die traditionellen Berufsperspektiven für viele Männer. 

Bei der Gehaltslücke befinde sich Deutschland unter den OECD-Staaten in der Schlussgruppe. „Deutschland kommt bei der Förderung von Frauen im Arbeitsleben wenn überhaupt nur sehr langsam voran“, sagte PwC-Partnerin Petra Raspels. Lübker sagt: „Es gibt einen Wandel, aber momentan bewegen wir uns noch sehr langsam.“

Die Politik muss sich für die Situation der Frauen stark machen

Um gegen geringe Gehälter bei Frauen vorzugehen, brauchen Frauen laut Sozialverband VdK Chancen auf gut bezahlte Arbeitsplätze statt Teilzeit oder Minijobs. Das ist auch mit Blick aufs Alter wichtig. Denn: Niedrige Löhne bedeuten niedrige Renten. Die Politik müsse deshalb die Vereinbarkeit von Beruf, Pflege und Kindererziehung dringend stärken – durch eine bessere Kinderbetreuung oder staatlich finanzierte Auszeiten für die Pflege von Angehörigen.

Wie stark Frauen beim Gehalt das Nachsehen haben, hängt laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) aber auch von der Branche ab. Die Gehaltsunterschiede zwischen Mann und Frau seien dort besonders groß, wo je ungefähr gleich viele Männer und Frauen arbeiten und großer Wert auf längere Arbeitszeiten gelegt werde. Beispiele seien Unternehmensberatung und Controlling, heißt es in einer Studie von Anfang März. Dort bekämen diejenigen, die in Vollzeit arbeiten, nicht nur monatlich, sondern auch auf die Stunde gerechnet mehr Lohn als etwa Teilzeitbeschäftigte.

Hilfreich gegen ungleiche Gehälter seien Tarifverträge und geteilte Führungsposten unter mehreren Beschäftigten, meint DIW-Forscherin Aline Zucco. „Vor allem muss man sich von der Vorstellung befreien, dass nur jene, die viel und lange arbeiten, gute Arbeit leisten.“ 

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